Bislang haben die Oberlandesgerichte bei der Frage, ob eine Bausparkasse – zuteilungsreife – Bausparverträge nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu kündigen darf, bejaht.
Viele Bausparer hatten und haben sich aufgrund der deutlich über dem Marktzins verzinsten Bausparverträge für eine Fortführung anstelle einer Abrufung der vereinbarten Bauspardarlehen entschieden. Diese für die Bausparkassen – unerwartet – unrentable Situation wollten die Sparkassen durch Kündigung der zuteilungsreifen Bausparverträge beenden.
Sie beriefen sich auf das Sonderkündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Diese Vorschrift kommt in Betracht, da ein Bausparvertrag in der sog. Ansparphase rechtlich als Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse einzuordnen ist. Nach dem Gesetz steht dem Darlehensnehmer (hier also der Bausparkasse) grundsätzlich ein Sonderkündigungsrecht zu, sofern das Darlehen vollständig ausgezahlt wurde. Das sei nach Auffassung der bisherigen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte mit der Zuteilungsreife der Fall.
.Das Oberlandesgericht Stuttgart hat nun mit seinem Urteil vom 30.03.2016 (Az. 9 U 171/15) anders entschieden und die Kündigung einer Bausparkasse als rechtswidrig angesehen. Eine Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei den Bausparkassen verwehrt. Die Zuteilungsreife stelle keinen vollständigen Erhalt eines Darlehens dar. Nach den Allgemeinen Bausparbedingungen sei es eine Hauptvertragspflicht des Bausparers, bis zur erstmaligen Auszahlung der Bausparsumme weiterhin die Regelsparbeiträge zu zahlen. Vor Ende dieser Pflicht habe die Bausparkasse das als Darlehen anzusehende Bausparguthaben nicht vollständig empfangen.
Die Bausparkasse könne den Bausparvertrag kündigen, wenn der Bausparer die Regelbeiträge trotz Aufforderung nicht leiste. Wenn die Bausparkasse selbst ein Ruhen des Bausparvertrages erlaube und ein vertragliches Kündigungsrecht nicht nutze, sei sie nicht schutzbedürftig. Sie könne sich entsprechend auch nicht auf eine analoge Anwendung eines gesetzlichen Kündigungsrechts berufen.
Ebenso stehe ihr kein außerordentliches Kündigungsrecht zu und auch der Wegfall der Geschäftsgrundlage greife nicht.
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat, da es mit seiner Auffassung im Widerspruch zu der Auffassung anderer Oberlandesgerichte gestellt hat, die Revision zugelassen.
Im Hinblick darauf, dass die Gefahr besteht, dass der Bundesgerichtshof die in Rede stehenden Kündigungen von Bausparverträgen für unwirksam erklärt, ist zweifelhaft, ob die Bausparkasse in Revision gehen wird. Jedenfalls haben die Kreditinstitute es bei der Frage des rechtsmissbräuchlichen Widerrufs eines Verbraucherdarlehensvertrages bisher durch Vergleichsabschlüsse erfolgreich eine Entscheidung des BGH verhindert. In dieser Rechtsfrage steht derzeit – noch – eine Entscheidung am 24.05.2016 an – sofern sie denn tatsächlich erfolgt und nicht auch wieder durch Vergleich der Parteien ausfällt.