Heute möchte ich auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) hinweisen, die für Fanpage-Betreiber von Interesse ist:
Mit seinem Urteil vom 05. Juni 2018 hat der EuGH die gemeinsame Verantwortlichkeit von Facebook und dem Betreiber einer sog. Fanpage für die darüber erfolgende Verarbeitung der personenbezogenen Daten festgestellt. Er begründet dieses u.a. wie folgt (Rdn. 36 – 38 des Urteils):
„Ein solcher Betreiber ist nämlich durch die von ihm vorgenommene Parametrierung (u. a. entsprechend seinem Zielpublikum sowie den Zielen der Steuerung oder Förderung seiner Tätigkeiten) an der Entscheidung über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Besucher seiner Fanpage beteiligt. Der Gerichtshof weist insoweit darauf hin, dass der Fanpage-Betreiber insbesondere demografische Daten über seine Zielgruppe – und damit die Verarbeitung dieser Daten – verlangen kann (u. a. Tendenzen in den Bereichen Alter, Geschlecht, Beziehungsstatus und berufliche Situation), Informationen über den Lebensstil und die Interessen seiner Zielgruppe (einschließlich Informationen über die Käufe und das Online-Kaufverhalten der Besucher seiner Seite sowie über die Kategorien von Waren oder Dienstleistungen, die sie am meisten interessieren) und geografische Daten, die ihn darüber informieren, wo spezielle Werbeaktionen durchzuführen oder Veranstaltungen zu organisieren sind und ihm ganz allgemein ermöglichen, sein Informationsangebot so zielgerichtet wie möglich zu gestalten.
Nach Ansicht des Gerichtshofs kann der Umstand, dass ein Betreiber einer Fanpage die von Facebook eingerichtete Plattform nutzt, um die dazugehörigen Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, diesen nicht von der Beachtung seiner Verpflichtungen im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten befreien.“
Wenngleich dieses Urteil die Rechtslage vor dem 25.05.2018 betrifft, ist es auf die aktuelle Rechtslage anzuwenden, da die DSGVO keinen Unterschied hinsichtlich der Definition des Verantwortlichen macht. Und doch ist Panik derzeit meines Erachtens nicht angesagt: Denn es ist nun Sache des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig den Rechtsstreit unter Zugrundelegung der Vorgaben des EuGH zu entscheiden. Dafür muss das BVerwG feststellen, ob die Aufsichtsbehörde ungeachtet der gemeinsamen Verantwortlichkeit von Facebook und dem Fanpage-Betreiber bei der Entscheidung, den Betrieb der Seite zu untersagen, das ihr zustehende Ermessen auch ordnungsgemäß ausgeübt hat. Hier stellen sich vor allem zwei Fragen: Durfte die Aufsichtsbehörde den Betreiber der Fanpage belangen oder musste sie nicht zunächst Facebook Germany in die Pflicht nehmen. Und war die Untersagung auch zweckmäßig oder hätte zunächst ein geringerer Eingriff (z.B. eine Auflage) gewählt werden müssen.
Vor der endgültigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in diesem Fall wird sehr wahrscheinlich mangels entsprechender Rechtssicherheit weder ein Einschreiten der Aufsichtsbehörden gegen Facebook-Fanpages noch Aktivitäten von Abmahnkanzleien zu befürchten sein. Wer ganz sichergehen will, stellt seine Fanpage offline. Alle anderen warten die Entscheidung des BVerwGerichts ab. Ein Rest Unsicherheit bleibt. Daher empfehle ich jenen Unternehmen, die ihre Fanpage nicht intensiv betreiben und nutzen, diese zunächst offline zu stellen.
Es ist durchaus denkbar, dass Facebook nun aktiv werden und den Betreibern Möglichkeiten bieten wird, die jeweilige Fanpage datenschutzkonform zu betreiben. Das gilt umso mehr, als derzeit ein weiteres Facebook betreffendes Verfahren beim EuGH anhängig ist. Dort geht es um die Verwendung sog. Facebook-Like-Buttons. Auch hier soll nach der Auffassung des Generalanwaltes des EuGH eine gemeinsame Verantwortlichkeit zwischen Facebook und dem Webseitenbetreiber, auf dessen Seite der Button gesetzt ist, bestehen.
Die Pressemitteilung des EuGH zu der Entscheidung finden Sie hier:
https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2018-06/cp180081de.pdf