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Familiäre Konstellationen bedingen es immer wieder, dass insbesondere Kinder enterbt werden sollen. Die Gründe sind vielfältig. Häufig ist Grund für eine Enterbung ein zerrüttetes Verhältnis.Aber auch der Schutz des Ehepartners kann eine Enterbung, nämlich aufgrund der gegenseitigen Einsetzung als Alleinerben, bewirken. Ebenso kann es im Rahmen der Fortführung eines zum Nachlass gehörenden Unternehmens durch eine bestimmte Person notwendig sein, (andere) gesetzliche Erben von der Erbfolge auszuschließen.

Zwei Punkte sind bei der Enterbung besonders zu beachten, da sie häufig falsch gemacht werden:

1. Es wird allein das jeweilige Kind enterbt, nicht jedoch dessen Abkömmlinge
In der Annahme, dass mit der ausdrücklichen Enterbung des jeweiligen Kindes auch dessen Abkömlinge automatisch mit enterbt werden, fehlt es in dem Testament an einer entsprechenden Enterbung. Es steht dort also lediglich „Hiermit enterbe ich/enterben wir unseren Sohn XY“ oder „Unser Sohn XY soll nicht erben“ oder eine ähnliche Formulierung. Wenn aber dieser Sohn bereits Kinder hat (gleich ob ehelich, nichtehelich oder adoptiert) so erstreckt sich die Enterbung bei einer derartigen Formulierung nicht auch auf die Abkömmlinge (also die Enkel des/der Erblassers/in). So hat eine derart auf einen gesetzlichen Erben beschränkte Enterbung zur Folge, dass die Abkömmlinge Erben werden – je nachdem, ob es noch weitere Geschwister des enterbten Sohnes gibt – als Allein- oder Miterben. Das hat der Bundesgerichtshof bereits mit Urteil vom  13.04.2011 (IV ZR 204/09, Rz. 13 ff.) so entschieden und ist inzwischen herrschende Meinung, wenngleich diese Rechtsfolge längst nicht jeder/jedem bekannt ist.

Der enterbte Sohn hat immerhin einen Pflichtteilsanspruch. Sofern die als Enkel nachrückenden Erben gemeinschaftlich mit Geschwistern oder anderen Erben Miterben sind, wird der Pflichtteilsanspruch des Sohnes im Innenverhältnis allerdings allein seinen Abkömmlingen angelastet. Das folgt daraus, dass im deutschen Erbrecht das Prinzip der Erbfolge nach Stämmen gilt.

2. Es wird ein Pflichtteilsverzicht vereinbart, die Enterbung aber nicht im Testament festgelegt
Ein weiterer Fehler kann im Rahmen eines Pflichtteilsverzichts passieren.Ein Pflichtteilsverzicht wird häufig – notariell (denn nur dann ist er wirksam) – vereinbart, um Erbstreitigkeiten zu vermeiden und/oder den Nachlass, insbesondere den Bestand eines zum Nachlass gehörenden Unternehmens zu erhalten oder eine Immobilienzerschlagung zu vermeiden, indem hohe Pflichtteilsansprüche vorzeitig abgewendet  werden.

Der Fehler kann dann darin liegen, dass zwar mit dem oder den gesetzlichen Erben wirksam ein Pflichtteilsverzicht vereinbart wird, jedoch die ausdrückliche Enterbung dieses/dieser gesetzlichen Erben fehlt. Der Pflichtteilsverzicht selbst bedingt nicht zugleich die Enterbung. Diese muss zwingend gesondert bzw. ausdrücklich bestimmt werden. Hierzu bedarf es keiner notariellen Beurkundung. Es genügt – wie im Übrigen grundsätzlich – ein handschriftliches Testament. Fehlt eine solche Enterbung, dann bleibt der vermeintlich Enterbte weiterhin Erbe aufgrund der gesetzlichen Erbfolge. Der Pflichtteilsverzicht geht ins Leere und kann auch nicht im Rahmen einer Testamentsauslegung als Begründung für eine Enterbung herangezogen werden.

Sollten Sie eine Enterbung planen, so berate ich Sie gern darin, diese auch wirksam festzulegen.

Bedenken Sie bitte auch, dass die gesetzlich festgelegte Erbfolge gelegentlich (unangenehme) Überraschungen bereit hält: So erbt z.B. nicht automatisch der Ehemann/die Ehefrau, wenn das Paar kinderlos ist. Die Eltern des verstorbenen Ehepartners sowie sogar die Großeltern können hier auch noch ein Wörtchen mitreden, wenn nicht der Ehemann/die Ehefrau ausdrücklich als Alleinerbin eingesetzt wurde. Ausführliche Informationen hierzu finden Sie in meinen Beitrag vom 18.02.2022.

Kinderlose Ehepaare – Testament nicht notwendig? Ein Irrglaube – !