Das Bundesverfassung Gericht hat mit seinem Urteil vom 16.06.2016 (1 BvR 873/15) die Verweigerung der Zulassung der Revision durch das OLG Schleswig in einem Rechtsstreit über den Widerruf eines Darlehensvertrages verworfen. Liegen unterschiedliche Entscheidungen der Oberlandesgerichte zu einer Widerrufserklärung vor, ist die Zulassung der Revision zwingend. Die Sache wurde an das OLG Schleswig zurückverwiesen.
Damit stehen die Chancen gut, dass der BGH insbesondere über die zuhauf vorkommende Abweichung vom Musterformular in dem Text zu „Finanzierte Geschäfte“ entscheiden wird.
Bislang ist die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte hinsichtlich der Frage, wann eine Abweichung vom Musterformular als erheblich anzusehen und damit die gesetzliche Schutzfiktion zu versagen ist, uneinheitlich. Während einige Oberlandesgerichte, so insbes. OLG Brandenburg, OLG München und OLG Köln, jede Abweichung von dem im gesetzlichen Musterformular zu dem Punkt „Finanzierte Geschäfte“ als erheblich ansehen, hat das OLG Schleswig insbesondere die häufig in den Widerrufsbelehrungen der Kreditinstitute entgegen dem gesetzgeberischen Gestaltungshinweis vorzufindende Verknüpfung der für Satz 2 vorgesehenen Alternativen* (s.u.) als unerheblich erachtet. Gleichwohl hatte es die Revision nicht zugelassen. Der Kläger hatte schließlich Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt – und nun obsiegt. Das OLG Schleswig hat zu Unrecht die Zulassung der Revision verweigert. Es kann davon ausgegangen werden, dass es nun zur Revision und entsprechend dann zu einer Entscheidung des BGH kommt. Selbst für den Fall, dass hier kurz vor Entscheidung – wie in der Vergangenheit schon häufiger – die Sparkasse einlenkt, um ein Urteil zu verhindern, wäre dieses gleichwohl als richtungsweisend für die Ansicht des BGH hinsichtlich der rechtlichen Erheblichkeit der in Rede stehenden Abweichung zu sehen. Man kann gespannt sein!
*Erläuterung:
Die Sparkassen und Banken haben häufig folgende Formulierung ab Satz 2 unter „Finanzierte Geschäfte“ gewählt:
„Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind, oder wenn wir uns bei der Vorbereitung und Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstückes oder grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind oder wenn wir über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen.
Korrekt wäre allerdings bei strikter Befolgung des Gestaltungshinweises folgende Formulierung ab Satz 2, wenn ein finanzierter Erwerb eines Grundstückes vorliegt:
„Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträge identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.“