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Sie kann wohl als bahnbrechend bezeichnet werden, die Entscheidung des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt. Aber zugleich wundert es auch, dass nicht schon längst andere Softwarefachleute darauf gekommen sind, was nun der Richter in seiner Entscheidung vom 13.08.2015 – 8 C 1023/15 festgestellt hat: Anders als bislang immer behauptet, soll seiner Meinung nach – und Expertise als langjähriger Softwareentwickler, Webdesigner und Netzwerk-/Systemadministrator – das bislang immer behauptete vielfache und eigentlich grenzenlose Hochladen bzw. Weiterverbreiten in das „Worldwideweb“ nur sehr eingeschränkt möglich sein. Der Vorsitzende rechnet in seiner Entscheidung detailliert und sehr gut begründet heraus, dass die Weiterverbreitung deutlich eingeschränkt ist. Denn die Hochladegeschwindigkeit beträgt grundsätzlich nur etwa 10 Prozent der Downloadgeschwindigkeit. Auch bei Hinzurechnen der nachfolgenden Weiterverbreitung durch jene, die Teile des Werkes vom Verletzer herunter- und sodann wieder hochgeladen haben, wurde vom Gericht berücksichtigt. Insgesamt setzt der Vorsitzende eine Weiterverbreitung von höchstens gut 13 % an.

Entsprechend ist dann auch nach (zutreffender) Auffassung des Amtsgerichts der Lizenzschaden zu bemessen. Hierbei kann es dann letztlich unerheblich bleiben, ob man diesen nun anteilig anhand der möglichen Weiterverbreitung berechnet oder ihn mit dem Ladenpreis für eine DVD (CD) ansetzt. Der Schaden beträgt danach jedenfalls nicht mehrere hundert Euro.

Das Gericht weist ausdrücklich aber auch darauf hin, dass ein solch geringer Lizenzanspruch die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen, die im Rahmen von Tauschbörsen erfolgen, deutlich erschwert würde. Es bemerkt hierzu, dass eine sog. pönaler Lizenzschaden (also ein solcher, der bestrafen und nicht wirtschaftlichen Ausgleich schaffen soll) gleichwohl nicht angebracht sei.

 

Anmerkung:

  1. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Klägerin hat Berufung beim Landgericht Stuttgart eingelegt.
  2. Keinesfalls soll die obige Mitteilung dahingehend missverstanden werden, dass die Verfasserin Urheberrechtsverstöße billigt. Wie aber auch das Amtsgericht sieht sie es als wenig sinnvoll an, Urheberrechtsverstöße als Grundlage der entsprechenden Abmahnwirtschaft zu nehmen. Denn es drängt sich über die Jahre weiterhin durchaus der Verdacht auf, dass es weniger um die Beseitigung einer Rechtsverletzung als vielmehr um die Generierung von Gebühren geht, die erst bei Annahme eines hohen Lizenzschadens auch lukrativ sind. Das zeigt sich denn auch darin, dass trotz der Gesetzesänderung zum 01. Oktober 2013, in deren Rahmen der Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch gegenüber Privatleuten auf 1.000,00 Euro festgesetzt wurde (§ 97a Abs. 3UrhG), von Seiten der Urheber bzw. deren Vertretern dieser Wert immer wieder hochgesetzt wird unter Hinweis auf vermeintliche besondere Umstände.
  3. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist die Verfolgung der Urheberrechtsverstöße meines Erachtens durch die gesetzlichen Regelungen durchaus wirkungsvoll möglich. Es darf nicht verkannt werden, dass bei Zugrundelegung des o.g. Gegenstandswertes von dem Verletzer immerhin Anwaltsgebühren in Höhe von 147,56 Euro zu zahlen sind (1,3 Gebühr). Für den Verletzer, der sich „mal eben“ z.B. einen Film heruntergeladen hat, den er für 15 bis 20 Euro auch hätte käuflich erwerben können, ist das dann doch ein sog. teures Vergnügen. Dass man nicht jeden Verletzer belangen kann, darf nicht zum Nachteil der anderen sein.