040 / 303 911 73 office@commandeur.org

Verbraucherdarlehensverträge aus der Zeit September 2002 bis 10. Juni 2010

Nachdem die Verbraucherzentrale Hamburg sowie auch die Verbraucherzentralen Bremen und Sachsen festgestellt hatten, dass eine Vielzahl von Darlehensverträgen, die in der Zeit ab 2002 (bis Juni 2010) geschlossen worden waren, eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung enthält, kam es insbesondere in den vergangenen Jahren zuhauf zu Widerrufen von Verbraucherdarlehensverträgen. Denn infolge der Fehlerhaftigkeit war die Widerrufsfrist von 14 Tagen bzw. einem Monat noch nicht in Gang gesetzt worden und folglich der Widerruf eines solchen Vertrages immer noch möglich. Während die Instanzgerichte die Rechtslage äußerst unterschiedlich beurteilten, ist inzwischen aufgrund einiger deutlicher Entscheidungen des BGH Ruhe eingekehrt. Einige wenige Punkte sind noch nicht ausgeurteilt. So hat der BGH zwar erst kürzlich (September 2016) eine von den Sparkassen in der Zeit ab 2008 verwendete Belehrung als wirksam „durchgewunken“. Die Entscheidung ist durchaus nachvollziehbar. Denn der BGH macht deutlich, dass die Sparkassen schützenswert sind, da sie sich wortwörtlich an die seinerzeit gültige gesetzliche Formulierung der relevanten Vorschrift (§55 BGB) gehalten haben. Allerdings bezogen sich die entsprechenden Beschlüsse des BGH auf sog. Präsenzgeschäfte, in denen der Vertragsabschluss in den Räumen der Sparkasse stattfand. In einer Entscheidung aus 2009 (XI ZR 33/08) hatte der BGH klargestellt, dass die Verwendung der gesetzlichen Formulierung in einer Widerrufsbelehrung dann nicht ordnungsgemäß bzw. für den Verbraucher verwirrend ist, wenn, anders als vom Gesetz vorgesehen, kein Antrag des Verbrauchers vorliegt, sondern die Bank dem Verbraucher ein Angebot unterbreitet, das dieser nicht vor Ort und auch nicht unmittelbar annimmt. Für die Verbraucherdarlehensverträge, die nicht vor Ort in den Räumen der Bank/Sparkasse geschlossen wurden, und bei denen die Bank/Sparkasse ein bereits unterzeichnetes Vertragsangebot an den Verbraucher übergibt/übersendet, ist auch nach den Beschlüssen vom 27.09.2016 weiterhin von der Statthaftigkeit des Widerrufs auszugehen. Es bleibt abzuwarten, ob der BGH trotz seiner o.g. Entscheidung aus 2009 diese besondere Konstellation noch einmal beurteilt oder jedenfalls auf seine vorgenannte Entscheidung verweist.

Verbraucherdarlehensverträge aus der Zeit 11. Juni 2010 bis 13. März 2016

Nachdem für Verbraucherdarlehensverträge aus der Zeit ab 11. Juni 2010 einige Gerichte (so z.B. Landgericht Verden, Landgericht Ravensburg, Landgericht Hamburg sowie das OLG München) die verwendeten Widerrufsinformationen für fehlerhaft erachtet hatten, stand die Frage im Raum, ob denn nun auch diese Verträge zuhauf widerrufen werden könnten. Das Hauptargument der klagenden Verbraucher, das von den Gerichten aufgegriffen wurde, lautete, dass die in den Widerrufsinformationen nur beispielhaft genannten Pflichtangaben für den Verbraucher nicht hinreichend deutlich, sondern nur nach langwierigem und schwierigem Gesetzesstudium verschiedener Vorschriften den Fristbeginn erkennen ließen. Die Gerichte beurteilten dieses unterschiedlich und anders als die o.G. Gerichte sahen andere Gerichte die beispielhafte Angabe als unbedenklich und mithin die entsprechenden Widerrufsinformationen als ordnungsgemäß an.

Am 22. November 2016 kam es nun zu einer Entscheidung des BGH (XI ZR 434/15 – nachzulesen unter „Aktuelles“). Danach sind Widerrufsinformationen nicht schon deshalb fehlerhaft bzw. begründen ein fortbestehenden Widerrufsrecht, weil die anzugebenden Pflichtangaben lediglich beispielhaft aufgeführt sind. Eine Ausnahme kann aber dann gelten, wenn die Bank/Sparkasse beispielhaft Pflichtangaben aufzählt, die vom Gesetz als solche gar nicht vorgesehen sind. Ein Widerruf ist allerdings nicht allein schon deshalb auch nach der in der Information benannten Frist möglich. Vielmehr setzt der spätere Widerruf voraus, dass die Bank/Sparkasse die beispielhafte genannte Pflichtangabe in dem Vertrag selbst nicht aufführt. So war es in dem vom BGH entschiedenen Fall: Die Sparkasse hatte als Pflichtangabe beispielhaft auch „Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde“ angeführt, die Aufsichtsbehörde in dem Vertrag selbst hingegen nicht benannt. Da sie die von ihr als verbindlich anzugebende Aufsichtsbehörde nicht im Vertrag genannt hatte, fehlte es an einer den Fristbeginn in Gang setzenden Voraussetzung. Mithin war der Widerruf auch noch einige Jahre später nicht verfristet.

Noch immer ist – trotz einer Entscheidung des BGH – hingegen nicht klar, ob eine Widerrufsinformation deutlich hervorgehoben im Text abgedruckt sein muss. Zwar hat der BGH Anfang 2016 das Hervorheben verneint. Allerdings erfolgte die Prüfung aufgrund der zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage durch einen Verbraucherschutzverein gültigen Rechtslage. Da diese nicht unbedingt identisch ist mit der Rechtslage zum Zeitpunkt des Abschlusses früherer Darlehensverträge, kann im Einzelfall durchaus das Erfordernis einer drucktechnischen Hervorhebung bestehen.

Was tun, wenn die Bank/Sparkasse den vom Verbraucher erklärten Widerruf zurückweist? Streitwert?

Obgleich die Rechtsprechung klar festgelegt hat, wann eine Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist, versuchen viele Kreditinstitute ihre Kunden von der Durchsetzung eines Widerrufs abzuhalten. Sie hoffen offenbar, dass die Kunden das Prozessrisiko scheuen und es so nicht zu einer Rückabwicklung des Darlehensvertrages (und z.B. der damit zusammenhängenden Rückerstattung einer Vorfälligkeitsentschädigung) kommt. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu erwähnen, dass der BGH mit seiner Entscheidung von Anfang 2016 den Streitwert von Verfahren, in denen über den Bestand eines Darlehens infolge Widerrufs zu entscheiden ist, auf den sich aus den bis zum Widerruf gezahlten Raten (Zins und Tilgung) festgesetzt hat. Es ist also nicht, wie zuvor von vielen Gerichten angewendet, der sich infolge des Widerrufs ergebende wirtschaftliche Vorteil als Wert maßgeblich. Das Prozesskostenrisiko ist daher umso höher, je später der Widerruf erklärt wird. Etwas anderes gilt dann, wenn das Darlehen gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung abgelöst wurde und nun die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung klagweise begehrt wird.  In diesen Fällen beläuft sich der Streitwert grds. auf die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung.  In der Rechtsprechung noch uneinheitlich beurteilt wird die Frage, ob eine im Falle der Rückabwicklung rückzuübertragende Grundschuld dem Wert nach Berücksichtigung beim Streitwert findet. Hier steht eine Entscheidung des BGH aus – und entsprechend werden die Gerichte weiterhin eigenständig entscheiden..

Achtung Fristablauf für Verbraucher-Immobiliardarlehensverträge aus der Zeit September 2002 bis 10. Juni 2010

Sofern Sie in dem Zeitraum September 2002 bis zum 10. Juni 2010 einen Darlehensvertrag abgeschlossen haben, kann ein Widerruf wegen der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung nur wirksam geltend gemacht werden, wenn der Widerruf bis zum 20.06.2016 24.00 Uhr gegenüber der Bank/Sparkasse erfolgte. Aufgrund einer zum 21.03.2016 in Kraft getretenen neuen Regelung (Wohnimmobilienkreditrichtlinie) war ein Widerruf gegen Verbraucherdarlehensverträge, die durch Immobilien besichert sind, nur bis zu diesem Zeitpunkt möglich. Sofern der Widerruf fristgemäß erklärt wurde, die Bank/Sparkasse nun aber die Rückabwicklung verweigert, prüfe ich gern die Erfolgsaussichten des Widerrufs und unterstütze Sie ggf. bei der weiteren Durchsetzung.

Für Verträge aus der Zeit vom 11. Juni 2010 bis zum  13.03.2016 läuft die Widerrufsfrist unendlich (vorbehaltlich einer Verwirkung) und ich prüfe gern, ob die Ihnen seinerzeit überlassene Widerrufsinformation den gesetzlichen bzw. von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien entspricht.

Was ich für Sie tun kann:

Sollte sich dabei herausstellen, dass die Widerrufsbelehrung/Widerrufsinformation fehlerhaft ist, so kläre ich mit Ihnen das weitere Vorgehen (einschließlich der zunächst anfallenden Kosten).Nicht immer muss es zum Gerichtsverfahren kommen. In vielen Fällen konnte ich auch eine außergerichtliche Einigung herbeiführen. Allerdings kann nicht vorhergesagt werden, ob die jeweilige Bank/Sparkasse in dem konkreten Fall zu einer außergerichtlichen Einigung bereit ist.

Bitte beachten Sie, dass in den Fällen, in welchen das Darlehen bereits vor längerer Zeit zurückgezahlt wurde, der Einwand der Verwirkung zugunsten des Kreditinstitutes greifen kann. Derzeit bejaht die Rechtsprechung diesen Einwand aber grundsätzlich nur dann, wenn der Kredit vor mindestens 3, eher 5 Jahren beendet/abgewickelt wurde. Nachdem der BGH im Juli 2016 eine deutliche Meinung zur Verwirkung geäußert hat, berufen sich die Kreditinstitute nur noch bei Vorliegen besonderer Gründe auf die Verwirkung bzw. unzulässige Rechtsausübung. Hier ist dann im Einzelfall zu prüfen, ob der Einwand berechtigt erscheint.

Die aktuellen höchstrichterlichen Entscheidungen veröffentliche ich regelmäßig auf meiner Website unter „Aktuelles“ .

Gern stehe ich Ihnen für weitere Informationen bzw. Fragen zum Verbraucherkreditrecht (so z.B. auch hinsichtlich gezahlter Bearbeitungsgebühren und den für die Rückforderung geltenden Fristen oder aber zur Berechtigung und Höhe einer geforderten Vorfälligkeitsentschädigung) zur Verfügung.